Bangkok: Ein Abschiedsbrief

Liebes Bangkok,

jetzt sitze ich hier, im Bus nach Chiang Mai, und kann mich nicht entscheiden, wie ich mich fühlen soll. 

Du warst meine erste Stadt in Asien und nun habe ich dich verlassen. Spätestens in drei Monaten werde ich für meinen Abflug noch einmal zurückkehren. Mich zieht es aber schon jetzt zu dir zurück. Ich weiß nicht, wieso.

Wie hast du mich am Ankunftstag geschockt. Du bist dreckig und laut. Wenn man mit dem Taxi durch dich hindurch fahren möchte, muss man eine lange Zeit einplanen. Geht man durch deine Straßen, ziehen von überall Gerüche auf. Es stinkt und duftet, beides gleichzeitig. In der schwülen Hitze laufe ich an klimatisierten Läden vorbei und ich werde von kalten Schaudern erfasst.

Du bist die ganze Zeit gefüllt von Menschen. Von Arbeitern und Masseusen, von Kindern und Greisen, von bettelnden, ausgemergelten Obdachlosen, von Touristen, die für wenig Geld ihr Glück suchen. Und alle wollen etwas kaufen oder verkaufen.

Heute war ich in einem anderen Viertel als bisher. Es war grüner, sauberer, westlicher. Die Fußmassage hat hier 300 Baht gekostet. Wären mir nicht ständig asiatische Gesichter entgegen gekommen, wäre die Temperatur nicht allzu drückend gewesen, ich hätte mich in Paris befinden können oder Frankfurt.

Doch dieses Viertel ist es nicht, was mich zu dir zurück zieht. Es  ist der Schmutz und die Armut, das Elend und die Verschwendungssucht, die Religion, die mit einer Selbstverständlichkeit immer und überall gelebt wird, die mir vollkommen fremd ist.

Jetzt sitze ich hier, im Bus nach Chiang Mai. Wir fahren immer wieder an kleinen Waldbränden vorbei und der abnehmende Mond scheint blass und rötlich vom Himmel herunter. Wenn ich an dich denke, fühle ich mich seltsam hingezogen und abgestoßen zugleich. Mich packt eine Melancholie und Rührung, die ich so noch nicht empfunden habe. Ich frage mich, ob ich schon früher zurück kehren werde.

Deine Lisa

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